Geld damit verdienen anderen ihre Steuerschulden zu bezahlen?

Was erst einmal verrückt klingt, ist ein durchaus profitables System, dass hauptsächlich in den USA Anwendung findet.

Dabei geht es hauptsächlich um Grundsteuern auf Immobilien.

Wenn ein Inhaber eines Grundstücks oder einer Immobilie seine Grundsteuer nicht bezahlen will oder kann, hat die jeweilige Gemeinde in den USA ein Liquiditätsproblem.

Dies löst sie ganz charmant dadurch, dass sie demjenigen, der die Grundsteuern für jemand anderen bezahlt ein Zertifikat (sog. Tax Lien) ausstellt, mit dem der Inhaber des Zertifikats vom Inhaber des Grundstücks diese Steuern zuzüglich eines nicht unerheblichen Zinssatzes zurückfordern kann. Solange dieses Zertifikat nicht beglichen wird, kann der Inhaber seine Immobilie oder sein Grundstück nicht (oder nur sehr schwer) verkaufen und oft auch nicht mit einer Hypothek beleihen.

Begleicht der Grundstückseigentümer über mehrere Jahre die offene Summe nicht, hat der Inhaber des Zertifikats die Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung der Immobilie in die Wege zu leiten. Das führt – nach einer letzten Frist für den Grundstückseigentümer – zu einer Versteigerung, bei der das Mindestgebot oftmals nur die Summe aller offenen Zertifikate und staatlichen Gebühren ist.

Entweder kann der Inhaber des Zertifikats jetzt selbst auf die Immobilie bieten, wenn sie interessant ist, oder abwarten, ob jemand anders das Mindestgebot aufruft, und sich dann von diesem erfolgreichen Bieter seine bezahlten Steuern und Zinsen auszahlen lassen (da erst dann die Immobilie umgeschrieben werden kann).

Bis vor einigen Jahren war der Erwerb dieser Zertifikate recht umständlich, da man vor Ort in jeder Gemeinde an Auktionen vor Ort teilnehmen musste, was sich gerade für Anleger kleinerer Summen nicht rechnete, da die Reisekosten von Stadt zu Stadt schnell die zu erwartende Rendite in den Schatten stellten.

Doch inzwischen hat die Mehrheit der Staaten, die diese Zertifikate verkaufen, auf Onlineauktionen umgestellt, so dass man bequem von zu Hause recherchieren und bieten kann.

Wie viele Dinge im föderalen Wildwuchs der USA hat hier jeder Bundesstaat seine eigenen Regeln wie diese Auktionen ablaufen. In einigen Bundesstaaten bietet man z.B. den Zinssatz herunter, in den anderen bietet man auf einen festen Rückzahlungsbetrag.

In Florida starten zum Beispiel alle Auktionen bei 18% Zins p.a. und man bietet in 0.25% Schritten nach unten. Bietet z.B ein Bieter 18%, der zweite 16% und der dritte 12,5% erhält der dritte Bieter den Zuschlag zu 15,75% (0.25 unter dem vorherigen Bieter). Manche Auktionen für besonders interessante Immobilien gehen sogar für 0% Zinsen unter den Auktionshammer, wenn ein Bieter sicher gehen will, dass er in ein paar Jahren bei der Zwangsversteigerung zum Zug kommt und vielleicht ein mehrstöckiges Bürohochhaus für ein paar hundert Dollar erwerben kann.

Über die teilnehmenden Bundesstaaten verteilen sich die Zinsen zwischen 0 und 20% Prozent, wobei hier auch große Unterschiede je nach Art der Immobilie festzustellen sind. Für private Eigenheime in guter Lage, wird man selten den Höchstzinssatz bekommen, dafür ist die Sicherheit größer, dass der Bewohner die Steuern zeitnah bezahlt, da er ja nicht aus seinem Haus fliegen will, während es bei unbebauten Flächen oder Gewerbeimmobilien durchaus das Risiko gibt, dass der Inhaber zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig ist.

Im Durchschnitt werden über 90% der ausgegebenen Zertifikate vor Ablauf der Frist, die je nach Bundesstaat zwischen 2 und 7 Jahren betragen kann, ausgelöst, und die meisten restlichen Zertifikate durch den Gewinner der Zwangsversteigerung bedient. Die Chance sen Geld komplett zu verlieren ist also gering, wenn auch nicht komplett bei Null. Bei manchen Schrottimmobilien übersteigen die Steuerschulden inzwischen den Wert der Immobilie, hier sollte man von einem Invest Abstand nehmen, da die Motivation des Inhabers das auszugleichen gering ist und sich für eine solche Immobilie auch bei Auktionen kein Abnehmer findet.

Die Aktionen der Zertifikate finden pro Gemeinde einmal im Jahr statt, oftmals über einen Zeitraum von mehreren Wochen. In unterschiedlichen Bundesstaaten in unterschiedlichen Monaten, so dass du eigentlich fast immer einsteigen kannst. Doch selbst wenn du den Auktionstermin verpasst hast, verkaufen die meisten Gemeinden übrig gebliebene Zertifikate ganzjährig an Interessenten. Hier gilt es nur etwas genauer nach dem Grund zu schauen, warum das Zertifikat übrig geblieben ist (nicht genug Bieter auf der Auktion, Schrottimmobilie, etc.)

Die Teilnahme an den Auktionen ist nur US Personen gestattet. Doch selbst wenn du kein US Bürger oder Resident bist, kannst du über eine US Corporation an den Auktionen teilnehmen. Über eine disregarded-entity LLC ist das meist nicht möglich, da diese ja bei ausländischem Wohnsitz des Inhabers oftmals keine US Steuerperson ist (bzw. wenn man sie als solche anmelden würde, sie ihr Welteinkommen in den USA versteuern würde, was oftmals nicht erstrebenswert ist).

Zusammengefasst bietet die Investition in US Tax Liens folgende Vor- und Nachteile.

Vorteile

  • Hohe Zinssätze
  • Investment durch Immobilie abgesichert
  • Möglichkeit Immobilien weit unter Wert einzukaufen
  • Ganzjährig nutzbar (in den meisten teilnehmenden Bundesstaaten)
  • Einstieg schon mit weniger als $100 möglich
  • Alles online möglich. (Außer bei Zwangsversteigerung)
  • Über 90% der Zertifikate werden eingelöst.

Nachteile

  • Unbekannte Laufzeit (ein Schuldner kann das Zertifikat schon nach 3o Tagen oder erst nach mehreren Jahren begleichen)
  • Risiko von Schrottimmobilien, genaue Recherche nötig
  • US Corporation nötig (und damit laufende Kosten)
  • Versteuerung der Zinsgewinne in den USA

Teilnehmende Bundesstaaten am Tax Lien System sind Alabama, Arizona, Colorado, Florida, Illinois, Indiana, Iowa, Kentucky, Maryland, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, New Jersey, North Dakota, Ohio, Oklahoma, South Carolina, South Dakota, Vermont, West Virginia, und Wyoming sowie  der District of Columbia (Washington DC).